Ein Versager im Leben, aber geliebt.

Ein Versager im Leben, aber geliebt.

Als ich mich zum Herrn bekehrte, hatte ich bis dato ein sehr turbulentes Leben gelebt. Mit einigen Höhen und vielen Tiefen. Ich war Soldatin bei der Bundeswehr gewesen und habe mich nach Monaten der Psychiatrie entschlossen, entlassen zu werden. Das Prozedere allerdings dauerte ein volles Jahr, in dem ich zwar nicht mehr arbeiten gehen musste, aber auch sonst mit mir nichts anzufangen wusste.

Ich dämmerte in meiner Wohnung so dahin, von Tabletten völlig benebelt und vergrub mich. In dieser Zeit spielte ich wieder exzessiv Onlinespiele und verbrachte meine Zeit lieber damit, wenigstens in einer Fantasiewelt ein Held zu sein.

Für meine Kameraden von der Bundeswehr war es unfassbar, dass ich diesen Weg freiwillig ging. „Ich hätte nie gedacht, dass du das durchziehst!“ So lautete das Fazit meiner Kameraden. In dieser Zeit war ich noch nicht versöhnt mit dem Herrn. Mir war alles egal und ich wollte einfach nur eines: Raus aus der Bundeswehr.

Die Rettung kommt vom Herrn – von niemand anderem sonst! All das war mir damals nicht bewusst. Ich ignorierte alles um mich herum.Nie mehr gegen den eigenen Willen versetzt werden, nie mehr irgendwelche Lehrgänge die am Ende der Welt stattfanden, nie mehr sich als Versager zu fühlen, wenn man den selbsternannten Ansprüchen der Kameraden nicht genügte. Als man mir mein Zeugnis aushändigte (in denen die typischen Lobeshymnen drin standen) habe ich es für mehrere Jahre ungelesen in der Mappe gelassen. Dieses ganze Prozedere war unwichtig für mich geworden.

So vergrub ich mich zu Hause und fand in dem Essen meinen Trost.

Sie sehen in mir einen Versager

Während des laufenden Entlassungsverfahrens nahm ich in dem einen Jahr über 30 Kg zu. Es war, als ob der Albtraum lebendig geworden war. Ich fing an, nur noch im Dunklen einkaufen zu gehen – aus Scham gesehen zu werden. Das etwas falsch lief, wusste ich – aber ich konnte es nicht kontrollieren. Diese Kontrolle, diese Disziplin – all die Jahre, in denen ich mich so sehr anstrengte, es allen Recht zu machen – hatte mich verlassen.

Aus Kontrolle entstand Kontrollverlust.

Und dann – rettete mich Gott.

Den Weg dahin kann jeder hier genauer nachlesen:

Für Dich – mein Zeugnis

Ich klammerte mich an das Essen, weil es immer verfügbar war. Niemand machte mir Vorschriften, ich konnte das tun was ich wollte. Und dann nahm ich Tabletten. Psychopharmaka um genau zu sein. Irgendwie glaubte ich, dass diese mir helfen würden, die Depressionen und die Panikattacken in den Griff zu bekommen. Als ich mich aber zum Herrn bekehrte, merkte ich, dass nur Er mein rettender Strohhalm sein kann.

Aber manche Veränderungen brauchten ihre Zeit. Es wäre toll gewesen, wenn ich eines Morgens aus dem Bett gesprungen wäre und von nun an Süßigkeiten von meiner Essensliste gestrichen hätte. Doch so leicht war es nicht. Viele Male betete ich zum Herrn und kam mir wie ein Versager vor, wenn ich der Versuchung wieder nachgegeben hatte.

Dazu kamen auch immer wieder Gedanken auf, wie andere mich wohl sehen würden. Wie würden meine damaligen Laufkollegen reagieren, wenn sie wüssten, wie ich mittlerweile aussah? Ich lud deswegen immer schöne Hintergrundbilder als Profilbild auf Facebook hoch. So konnte ich anonym bleiben.

Meine Geschwister aus der Gemeinde kannten mich nicht anders. Und das nervte mich ebenso gewaltig. Irgendwie wurde es akzeptiert, dass ich dick war – aber ich wollte am liebsten jedem erzählen, was ich sportlich „geleistet“ hatte und überhaupt – so sah ich ja nicht mein Leben lang aus.

Selbst wenn man mich verachtet – ich werde geliebt!

Ein Versager im Leben, aber geliebt.

Vorletztes Jahr versuchte ich auf die ganz harte Tour abzuspecken. Ich wollte wieder meinem Ideal entsprechen und trieb an 6 Tagen die Woche Sport, nahm nicht mehr als 1200 Kalorien am Tag zu mir und nahm unglaublich langsam ab. Nach fünf Monaten hatte ich zehn Kilos verloren und war total frustriert. Wenn das in diesem Tempo so weiterging, würde das eine jahrelange Angelegenheit werden.

Ich hatte aber mal wieder nicht nach Gottes Willen gefragt, noch um seine Hilfe gebeten. Mal wieder wollte ich alles planen und kalkulieren.

Der Herr heilt manchmal – manchmal auch nicht. Ich frage nicht nach dem warum, sondern lerne trotzdem dankbar zu sein.Die Tabletten waren letztendlich schuld daran, dass ich so langsam abnahm. Das erkannte ich aber erst, als ich mehrere Menschen mit demselben Problemen kennen lernte und sah, dass sie alle übergewichtig waren. Ich nahm diese Tablette nur noch, weil ich mit ihr gut einschlafen konnte. Sie half mir nie, wenn es mir seelisch schlecht ging.

Und der Herr half mir, die Psychopharmaka abzusetzen.

In dieser Zeit lernte ich wieder, mich zu mögen. Ich traute mich, wieder ein Foto auf Facebook hochzuladen und dazu zu stehen. Seit September 2019 gehe ich wieder regelmäßig laufen und verliere kontinuierlich an Gewicht. Es geht mir aber nicht mehr darum, einem Ideal nachzulaufen, sondern gesund zu leben und Freude am Sport zu haben.

Ich weiß, dass manche meiner ehemaligen Kollegen und Kameraden mich als Versager ansehen. Eine, die die Arbeitswelt nicht gepackt hat. Eine, die erwerbsunfähig ist. Aber der Herr trägt mich durch und zeigt mir, dass es okay ist. Ich habe gekämpft, gegen die Depressionen, fast bis zu meiner eigenen Zerstörung. Und jetzt lerne ich jeden Tag meinen Alltag so zu gestalten, dass ich ihn bewältigen kann.

Ich bin für die kleinen Dinge dankbar

Manchmal steht von Geschwistern die unausgesprochene Frage im Raum, warum der Herr mich nicht so heilt, dass ich wieder arbeiten gehen kann. Diese Frage kann ich dir auch nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich leider leicht eine Panikattacke bekomme, wenn ich mich zu hohem Stress aussetze. Mein Versuch, an einer Freizeit von der jungen Erwachsenengruppe aus meiner Gemeinde endete ja damit, dass ich bereits am Folgetag überhastet abreisen musste.

Wieder einmal hatte ich die Warnzeichen ignoriert und wollte allen beweisen, was für eine gute gesunde Christin ich doch war. Jetzt lerne ich, sensibler zu sein und eher früher als später die Gemeinschaft zu verlassen.

Vielleicht lässt der Herr auch manches so sein, weil man sonst wieder Gefahr läuft, sich zu überbelasten. Ich habe da einen Hang zu, das muss ich zugeben.

Letztlich ist es unwichtig, was andere von einem halten. Solange man weiß, dass man alles gegeben hat, was man konnte. Manche finden es mutig, dass ich so offen darüber schreibe. Aber ich halte nichts davon, etwas zu verheimlichen. Ich hätte gerne eine Karriere gehabt, aber der Herr wollte es anders so.

Vielleicht wäre ich ohne diese Tiefschläge nie zum Glauben gekommen. Wenn dem so gewesen wäre, habe ich gerne diese Karriere geopfert.

Die Ewigkeit ist ewig und das Leben im Vergleich nur ein Wimpernschlag. Auf der Erde wird es nichts geben, was – von Menschenhand gemacht – diese Ewigkeiten überdauern wird. Gar nichts.

Kristina