Eine verpasste Chance – wie gehe ich damit um?

Eine verpasste Chance - wie gehe ich damit um?

Ich denke, jeder kann nachvollziehen, dass man von seinen Erfolgen lieber berichtet, als von seinen Misserfolgen. Wobei, wenn man es genau nimmt, könnte ich mir die Erfolge auch nicht auf meine Fahne schreiben. Dem Herrn gebührt die Ehre. Das eigene Ego ist eh schon stark genug (leider), um sich so manche Begebenheiten selbst zuzuschreiben.

Deswegen möchte ich euch heute von einem Ereignis berichten, welches sich vor einigen Tagen ereignet hat. Ich war nach einem Termin in der Stadt auf dem Weg nach Hause und saß im Bus. Busfahren, das muss ich anmerken, ist etwas, was ich zum größten Teil liebe – wenn ich einen Sitzplatz ergattern kann. Denn dann kann ich vor mich hin starren, aus dem Fenster, die Menschen beobachten und mich nach Hause kutschieren lassen. Die Stadt schläft ja bekanntlich nie und deswegen gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken.

Manchmal haben wir nur einen winzigen Moment, in denen wir handeln können…dann ist er auch schon wieder vorbei.An diesem speziellen Tag hielt der Bus an einer Haltestelle. Das war nichts ungewöhnliches, denn er hielt dort ja immer. Aber an dieser besagten Haltestelle saß eine junge Frau auf der Bank und starrte auf den Boden, das Handy verkrampft in der Hand haltend.

Ihr Mascara befand sich in einem Auflösungsprozess. Er konnte all den Tränen nicht stand halten. Sie schaute mich gerade in dem Moment an, als ich sie zum ersten Mal ansah und mir all diese kleinen Details auffielen.

Dann senkte sie sofort wieder den Blick und ich kam mir beschämt vor. In so einem Moment der Verletzbarkeit möchte niemand von Fremden angesehen werden. Und auch wenn sie nicht wusste, was ich dachte, ich konnte nur erahnen, wie es ihr jetzt gehen musste. Zudem war in dem Bus nicht nur meine Person anwesend, sondern noch fünfzig andere, von denen mindestens die Hälfte einen Blick auf die junge Frau werfen konnten.

Die Chance zum Aussteigen hatte ich…

Wie lange hält ein Bus an der Haltestelle? Zehn Sekunden, wenn nicht viele einstiegen? In diesen zehn Sekunden entwickelte sich in meinem Kopf eine Pro/Contra Liste für das Aussteigen. Ich konnte zu ihr gehen, mich neben sie setzen und sie fragen, warum sie weint. Ob sie Hilfe braucht bei irgendwas.

Auf der anderen Seite hatte ich Angst ihre Privatsphäre noch weiter zu verletzen. Vielleicht würde sie wütend werden, wenn ich sie das fragen würde. Dann würde ich (weil der Bus längst weitergefahren sein wäre) mit ihr an der Haltestelle weiter stehen und stumm wie ein Fisch die Schaufenster anstarren, bis der nächste Bus wieder dort halten würde.

Würde, würde Fahrradkette – oder so ähnlich…

In diesem Moment hasste ich meine Introvertiertheit. Als der Bus wieder anfuhr und die junge Frau aus meinem Sichtfeld entschwand, schüttelte ich mit dem Kopf und war frustriert. Keinen Zentimeter hatte ich mich von meinem Fleck wegbewegt. Warum fiel es mir schwer, mich zu überwinden? Ich kannte einige Geschwister, die – wenn sie in meiner Situation gewesen wären – diese Chance ergriffen hätten und keinen Augenblick gezögert hätten.

Als ich zu Hause ankam, war ich zwar noch immer enttäuscht von mir, aber ich wusste auch im Inneren, dass der Feind es war, der mich anklagte. Als Jesus Christus Mensch wurde, wurde er vom Satan mehrmals versucht. Der Sohn Gottes und Gott selbst! Im Gegensatz zu uns Menschen konnte er ihm widerstehen. Aber das zeigt auch, dass der Feind uns Menschen niemals in Ruhe lassen wird – solange wir noch auf der Erde sind.

Bei all dem, stelle ich mir immer wieder dieselbe Frage: Wie sieht Gott mich?

Eine verpasste Chance - wie gehe ich damit um?

Der Herr hat mich erlöst – ich bin sein geliebtes Kind!

Der Herr mag mich erziehen, aber ich werde niemals in Ungnade fallen. Durch sein Blut bin ich erlöst, weil ich an das ewige Opfer auf Golgatha glaube, welches der Herr Jesus für mich erbracht hat. Natürlich nicht nur für mich, sondern für alle Menschen auf der Erde. Die Erlösung und wiederhergestellte Beziehung zum Herrn kann ich allerdings nur haben, wenn ich als Mensch erkenne, wer ich bin und wer Gott ist.

Bin ich ein Kind Gottes, darf ich wissen dass: weder Hohes noch Tiefes, noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

Das wird den Feind nicht daran hindern, mich jeden Tag aufs Neue zu versuchen.
Aber ich darf gewiss sein, dass Gott in allem was er zulässt, einen Plan für mich hat.
So konnte ich der jungen Frau nicht helfen, aber ich hoffe, dass ich bei der nächsten Gelegenheit den Mut haben werde, es zu tun.

Trotzdem weiß ich, dass – solange ich hier auf der Erde bin – der Feind immer wieder Erfolg haben wird und sei es nur, wenn ich die negativen Gedanken für eine Weile zulasse. Nur Gottes Wort kann mir in so eine Situation weiterhelfen. Denn der Satan ist besiegt, so steht es in der Offenbarung. Wir leben nur noch nicht in dieser Zeitperiode, aber wir dürfen wissen, dass sie eines Tages anbrechen wird.

Dafür bin ich dankbar!

Vor allem, weil ich mich seit Tagen davor gedrückt habe, diesen Beitrag zu schreiben. Man könnte den Eindruck haben, dass mir das immer sehr leicht fällt, auf den Tag genau einen Artikel zu veröffentlichen. Ist aber oft nicht so. Doch in diesem Fall ging das Schreiben sehr leicht von der Hand. Auch dafür möchte ich dem Herrn danken. Das ist nicht selbstverständlich.

Ohne ihn könnte ich nichts vollbringen!

Kristina