Schmerzen, Sinnfrage und ein krönender Abschluss!

Als ich mich am Freitag morgen auf den Weg ins Krankenhaus mache, denke ich über die bevorstehende Operation nach. Sicher wird es Schmerzen geben, aber viel mehr macht es mir Sorgen, dass die kommenden Tage warm werden. Seit kurzem nehme ich ein Medikament, welches die Nervenschmerzen in den Füßen halbwegs in den Griff bekommt, aber allgemein reagiert mein Körper auf Wärme mit Unwohlsein. Zuhause kann ich mir Fußbäder bereiten, zudem scheint meine Wohnung eine der kühlsten in ganz Kiel zu sein. Doch ich will Gott vertrauen, dass er sich meinen Sorgen und Nöten annimmt.

Schmerzen, Sinnfrage und ein krönender Abschluss!

Im Krankenhaus angekommen, ziehe ich mir das schicke OP Hemdchen an und setze mich auf das Bett, welches mir für die nächsten Tage eine Ruhestätte bereiten wird. Meine Bettnachbarin ist bereits im OP. Ich werde sie erst einige Stunden später kennen lernen. Als ich in den OP geschoben werde, bin ich ganz ruhig. Eine geplante Sache, die routiniert von allen Seiten bearbeitet wird. Als das Narkosemittel injiziert wird, betrete ich ein unbekanntes Land, in dem ich als Friedensstifterin auftrete. Ich bin mitten in den Verhandlungen, als plötzlich Menschen um mein Bett herumstehen und mir sagen, dass alles gut verlaufen ist.

Ich brauche einige Minuten um zu realisieren, dass mein Traum nicht die Realität war und umgekehrt. Hämmernde Schmerzen im Kopf begrüßen mich. Als ob ein Presslufthammer die Stirn bearbeiten würde. Auf der Station angekommen bettel ich um mehr Schmerzmittel. Es ist wirklich kaum auszuhalten. Doch irgendwann habe ich das Limit ausgereizt und muss auf die nächste Dosis warten. So liege ich mit einem kühlen Gelpad auf der Stirn im Bett und versuche, mich möglichst wenig zu bewegen. Während dieser Zeit denke ich nicht mehr daran, dass Gott alles in seinen Händen hält. Die Schmerzen haben mich fest im Griff.

Eine schlaflose Nacht steht mir bevor

Als ein anerkannter Schläfer auf dem Bauch war mir bewusst, dass die Nacht sehr lang werden würde. Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere und fragte mich, ob diese Nacht zwanzig Stunden andauern würde. Als es schließlich dämmerte, seufzte ich erleichtert auf. Die zweite Nacht würde sicher besser verlaufen.

Schmerzen, Sinnfrage und ein krönender Abschluss!Um nicht den Fehler zu begehen, den ganzen Tag im Bett herumzuliegen (und sich dann zu wundern, warum man Nachts nicht schlafen kann), wanderte ich ein wenig auf der Station umher, ging mit Mutti ein Eis essen und – fand mein Refugium in der Form eines Aufenthaltsraumes. Der Raum wurde anscheinend von niemanden genutzt. Ich konnte das Glück kaum fassen. Endlich hatte ich eine Alternative gefunden und die Möglichkeit, sich ein wenig sozial zu isolieren. Für mich ist es schwer zu ertragen, viele Menschen um mich herum zu haben. Und obwohl ich mich mit Petra, meiner Bettnachbarin sehr gut verstand und sie zu mir unglaublich fürsorglich war, empfand ich das alleine sein, heilsam.

Ich konnte mir immer wieder neuen Tee auffüllen, legte das Smartphone auf dem Tisch und sah mir stundenlang Videostreams von einem Kartenspiel an, welches taktisch erklärt wurde. So vergingen die Stunden und es wurde Abend. Meine Hoffnung, diese Nacht besser schlafen zu können, wuchs. Vor allem freute es mich, dass am kommenden Tag endlich die Tamponaden in der Nase gezogen wurden. So ging ich ins Bett.

Schlaflos in Kiel – es soll halt nicht sein!

Nachdem die Schwester mir ein Schlafmittel gab und dieses auch keine Wirkung zeigte, zog ich mit geräderten Augen wieder in den Aufenthaltsraum um. Ich wollte Petra nicht wecken und hatte selbst auch keine Lust, mich wieder stundenlang hin- und herzuwälzen. Ich konnte auf dem Bett nicht schlafen und die Wärme tat ihr übriges. Mittlerweile hörte ich Musik, die nicht spielte und immer wenn ich meine Augen schloss, betraten alle möglichen historischen Figuren den Raum, nur um mir Ratschläge zu erteilen. Das Gehirn war völlig überreizt. Mir war so elend zumute. Ich wollte nur noch nach Hause!

Als es wieder hell wurde, fasste ich einen Beschluss. Heute würde mein letzter Tag im Krankenhaus sein! Nach 2 Tagen und Nächten ohne Schlaf wusste ich, dass ich nach Hause gehen musste – ich brauchte meine Wohnung, meine Ruhe, keine Menschen.

Der Arzt verstand überhaupt nicht, dass ich entlassen werden wollte und hielt mir eine Standpauke vom Feinsten. Dynamisch zog er die Tamponaden aus meiner Nase raus und schilderte in allerlei blumigen Bildern die möglichsten Worst Case Szenarien, die geschehen könnten, sollte ich es wagen, das Krankenhaus zu verlassen. Anmerkung: Ich wollte am Sonntag entlassen werden. Offizieller Entlassungstag: Montag.

Für mich war es keine leichtfertige Entscheidung, aber ich wusste, dass ich nach Hause gehen musste. Hier fand ich keine Ruhe. Ich sehnte mich so sehr nach ihr.

Schmerzen, Sinnfrage und ein krönender Abschluss!

Die Frage nach dem Warum stellte ich mir hundert Mal

Und wie so oft folgt die Auflösung des Ganzen erst nach einiger Zeit. Erst dann, sehen wir, warum man all die Schmerzen, all das Leid ertragen musste. Manchmal braucht es einige Jahre, bis wir es erkennen dürfen. Hier dauerte es ein unterschriebenes Entlassungsformular.

Nachdem ich meine Entscheidung getroffen hatte und das erste Mal seit Tagen im Krankenhaus mich duschen konnte, spürte ich, dass mir eine Last von den Schultern fiel. Ich setzte mich auf das Bett und schloss die Augen, als Roland, der Pfleger das Zimmer betrat und anfing, den Boden zu wischen. Zwischen uns entwickelte sich ein längeres Gespräch, in dem ich ihm von meiner Gemeinde erzählen konnte und es sich herausstellte, dass er ganz in der Nähe davon wohnte.

Es war ein zwangloses Gespräch und ich freute mich, dass der Herr mir diese kostbare Zeit mit ihm schenkte. Als ich zur Anmeldung ging – die zu dem Zeitpunkt von niemandem besetzt war – lud ich ihn ein, in die Gemeinde zu kommen. Auf seinen Satz, dass er mit Kirche nichts am Hut hat, konnte ich nur wahrheitsgemäß antworten: „Ich auch nicht!“ Er erzählte mir, dass er sich bemüht, nach christlichen Werten zu leben und ich spürte, dass er auf der Suche war. Hier stand jemand vor mir, der nicht sofort dicht machte, wenn man das Wort Gemeinde in den Mund nahm.

Schmerzen als Zeugnis? Ja, klar – ich bin dabei!

Und Gott schenkte mir den Mut, ihn einzuladen. Ich hoffe, er kommt zu uns in den Gottesdienst. Dann wird er sehen, dass wir keine Kirche in dem Sinn sind, wie er sich das vorstellt.

Als ich aus dem Taxi ausstieg und den kaputten Plattenweg entlanglief, direkt auf die Haustür zu, fühlte ich eine tiefe Befreiung. All die Schmerzen, all die schlaflosen Nächte für Roland? Für Roland. Sollte er unsere Gemeinde besuchen und erkennen, dass Jesus ihn retten will – war es das mehr als wert. Ich möchte deswegen darum bitten, dass ihr für ihn betet. Auf dass er gerettet wird!

In meiner Wohnung waren es gefühlte 10 Grad weniger als draußen. Und in der darauffolgenden Nacht konnte ich 7,5 Stunden durchschlafen. Der Herr macht keine Fehler!

Kristina